Manchmal ist genug einfach genug - der Weg meines Cutlass in die deutsche Zulassung ist lang und steinig. Sehr lang. So lang, dass ich ihn letztes Wochenende um ein Haar gegen einen 525 eta der E28er Reihe getauscht hätte - der Händler hätte sogar noch 2500 Euro draufgezahlt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend - ich kam noch rechtzeitig zur Besinnung, behielt den Olds, und so langsam zeichnet sich wohl doch ein Ende ab.
Was sich der Tüv in diesem Land erlauben darf, ist wirklich beeindruckend. Mittlerweile bin ich bei der dritten Werkstatt und dem vierten Tüv-Prüfer - und jedes Mal wird uns etwas anderes erzählt. Die Höhe der Gebühren rechne ich schon lange nicht mehr mit, sonst wäre ich vielleicht auch längst aus dem Projekt ausgestiegen. Dabei hatte alles so harmlos angefangen.
TüV ESSEN
Ganz unbedarft fahre ich dort vor, einfach mal um zu sehen, was die zu dem Cutlass sagen, der ja in der Schweiz montiert wurde. Als mich die Prüfer auf den Platz fahren sehen, laufen sie sternförmig auseinander und sind plötzlich alle unwahrscheinlich beschäftigt. Die arme Sau, die es nicht schnell genug in eines der abgelegenen Büros geschafft hat, spreche ich an. Etwas gelangweilt schaut er in meine Papiere und meint dann:
"Haben Sie ein Datenblatt?"
"Noch nicht."
"Dann kommen Sie wieder, wenn Sie eines haben."
"Und wo bekomme ich das?"
"Googeln Sie danach. Schönen Tag noch."
Sprachs und lässt mich stehen. Na, das kann ja heiter werden.
Auf Anraten des Forums fahre ich nach Duisburg zum Amischrauber Frost, der aber nach eigener Aussage viel zu beschäftigt ist, um sich den Cutlass vorzuknöpfen und ihn für den Tüv zu präparieren. In den nächsten drei bis vier Wochen werde das wohl nichts werden, und danach sei man sich auch noch nicht sicher. Ich solle doch einfach mal selbst zum Tüv fahren und den Wagen vorstellen - die Prüfstelle in Krefeld sei sehr Ami-freundlich. Überraschend bekomme ich den Namen eines befreundeten Prüfers und werde mit guten Wünschen auf den Weg geschickt. Na denn.
TüV KREFELD
Es giesst in Strömen, als ich mit dem Cutty auf das Prüfgelände biege. Die Halle ist leer, die Prüfer sitzen auf einen Kaffee zusammen und haben scheinbar keinen Bock, überhaupt irgendwas zu arbeiten. Ich frage mich höflich zu dem mir empfohlenen Prüfer durch und stelle mich ihm vor.
"Mit was für einem Auto sind sie hier?"
"Mit einem 1978er Oldsmobile Cutlass."
"Ach Du lieber Gott!"
Irgendwie hatte ich mir das anders vorgestellt. Zu meiner Überraschung übergibt der angeblich Ami-freundliche Prüfer die Wagenpapiere seinem Kollegen und meint: "Mach Du ma." Na toll. Gelangweilt schlurft dieser zum Auto, dass vor der Halle steht, und steigt ein. Zündung, der V8 brabbelt brav. Während ich den Prüfer an der Lenksäule herumwürgen sehe, ruft er aus dem Wagen:
"Die Gänge gehen nicht rein!"
"WAS?"
"Hier lässt sich nichts schalten! Was für ein Mist ist denn das?"
"Das ist keine Lenkradschaltung, das ist ein Automatik-Wählhebel!"
"Achso."
Unsicher steuert er mein 5-Meter-Vieh in die Halle. Hupe. Wischer. Gebläse. Der Cutty folgt brav.
"Wo ist der Schalter für die Warnblinkanlage?"
"Dort", und zeige auf den kleinen Knopf rechtsseitig der Lenksäule. Er reisst dran rum, versucht ihn zu drehen. Der Kunststoff knackt.
"Einfach in der Mitte reindrücken."
"Das ist doch nicht original!"
"Doch, ist es."
"Dann sollte das geändert werden."
Wieder würgt er an dem Schalter rum, die Lenksäulenverkleidung knarzt und ächzt.
"Und wie geht der wieder aus?"
"Einfach dem Ring hier ziehen. Ist ganz einfach!"
"Nein, so kann das nicht bleiben."
Er steigt aus, sein Kollege kommt dazu.
"Und, wie läufts?"
"Frag lieber nicht. Die Sidemarkers müssen abgeklemmt werden, die Schalter im Innenraum sind nicht sicher und sollten geändert werden."
Ich gehe dazwischen.
"Entschuldigen Sie bitte, aber darum hatte ich auch nach einem Prüfer gefragt, der sich mit solchen Autos auskennt und mir den Wagen nicht kaputtmacht, bevor er überhaupt auf der Grube steht."
"Dann kriegen Sie den auch!" sagt der angepisste Prüfer beleidigt, drückt die Fahrzeugpapiere in die Hand seines Kollegen und stampft schnaubend von dannen. Sein Kollege zeigt sich auch nicht weniger angesäuert.
"Machen Sie mal die Rückleuchten an...Licht! Bremse! Blinker! Nö, so kann das nicht bleiben! Bremse und Blinker müssen getrennt werden, und Sie brauchen gelbe Blinker."
"Und wo soll ich die hinsetzen?"
"Auf den Kofferdeckel. Unter der Stossstange wäre es zu tief, und die Rückfahrscheinwerfer sitzen zu weit in der Fahrzeugmitte."
"Auf den Kofferdeckel?! Ist das Ihr Ernst?"
"Ja, einfach draufschrauben. EG-geprüfte Blinker bekommen Sie im Zubehör, jeder Anhänger hat sowas dran."
"Und wie soll das ausschauen? Sie wissen schon, dass ich H-Kennzeichen auf dem Auto fahren will? Was ist da mit der Originalität, auf die der Gesetzgeber so einen grossen Wert legt?"
"Sicherheit geht vor. Niemand interessiert es wirklich, ob da Nachrüstblinker auf der Heckklappe sitzen oder nicht. Es gibt diese Lösung oder keine!"
"Doch, mich interessiert das. Und ich finde diese Lösung ziemlich unakzeptabel."
"Wissen Sie, mit Ihrer bockigen Attitüde kommen wir hier nicht weiter. Sie verplempern nur meine Zeit. Wenn Ihnen nicht gefällt, wie wir solche Fahrzeuge handhaben, dann müssen Sie sich halt einen Golf kaufen."
Jetzt reicht es mir endgültig.
"Wissen Sie was? Ich breche diese Prüfung hier jetzt ab und entschuldige mich aufs tiefstem Herzen, dass ich Sie von Kaffee und Kuchen mit ihren Kollegen abgehalten habe. So viel Professionalität wie die ihre braucht natürlich ihre kreative Schaffenspause! "
Geladen, völlig perplex und mit quietschenden Reifen ballere ich vom Hof.
Der Hausmeister eines Kollegen, der einen Jeep besitzt, empfiehlt mir eine kleine Jeep-Werkstatt in Kettwig. Der Werkstattmeister nehme nicht jedes Auto an, aber wenn er eines annehme, dann mache er einen fantastischen Job. Ich bekomme seine Nummer und rufe ihn an. Der Mann am Telefon ist nett und hat scheinbar wirklich Ahnung, wohl aber keine Zeit, derzeit ein weiteres Auto anzunehmen. Ich solle aber mal zum Tüv nach Düsseldorf fahren, die seien sehr Ami-freundlich. Irgendwie kommt mir das alles sehr bekannt vor, trotzdem sattele ich mein Eisenschwein und blubbere in Schrittgeschwindigkeit bei dichtem Schneetreiben nach Düsseldorf.