Es ist nicht so, dass ich mit meinem Auto unzufrieden wäre. Ich mag mein Auto. Schon mehr als zwei Jahre lang. Und dabei ist es nicht mal ein Ford. Doch manchmal macht Gelegenheit Diebe. Oder untreu.
Dabei fing alles ganz harmlos an.
Tatzeit: Freitag. Ort: Münchenstein, im Süden Basels.
Ich zuckele mit meinem Kehrricht-Laster ganz gemütlich durch die Seitenstrassen, meine Kollegen sammeln hinten die Container und Säcke ein. Die Musik ist gut, das Wetter ist angenehm, ich bin total entspannt. Doch da - plötzlich blitzt in meinem Augenwinkel ein silberner Autohintern auf. Mein Puls schnellt hoch. War das etwa ein Ford? Ein Granni? Oder habe ich mich nur verguckt? Einmal um den Block gefahren, wird es zur Gewissheit: Ja, es war ein Granada. Ein Zweier. Ich habe leider nicht viel Zeit, um mir den Wagen anzuschauen - nur das 2.8 GL und die grünen GL-Plüschmöbel bleiben mir im Gedächtnis hängen. Leider muss ich weiter, aber eines ist klar: Ich werde wiederkommen.
Tatzeit: Samstag.
Zuhause habe ich einen kurzen Brief geschrieben:
"Lieber Granada! Ich habe Dich zufällig letzte Woche vor Deiner Garage entdeckt und bin ganz angetan von Dir. Leider weiss ich nicht, wer Dein Besitzer ist. Aber vielleicht kannst Du Deinem Herrchen weitererzählen, dass er mich bitte benachrichtigen möchte, sollte er sich nicht mehr um Dich kümmern wollen, und dass er Dich bitte bitte NICHT verschrotten lassen soll. Ich bin ein echter Granada-Fan und würde Dir nur allzu gerne wieder auf die Räder helfen." Naja, Name, Adresse, Telefonnummer.
Um 9.30 bin ich zurück in Münchenstein, mache noch ein paar Schnappschüsse und klemme das in Klarsichtfolie verpackte Briefchen unter den Wischer. In Gedanken beginne ich schon, Pläne für die Arbeiten am Granni zu schmieden...hier ne Beule rausdrücken, dort nachlacken, da Aufkleber abmachen...doch was zur Hölle mache ich da bloss? Immerhin ist der Granada das Auto einer fremden Person, die ich nicht mal gesehen habe.
Tatzeit: Montag.
Auf dem Weg von der Arbeit mache ich einen kurzen Umweg in die Granni-Strasse. Der Zettel unter dem Wischer ist weg, der Granni steht aber noch genauso da wie die Tage zuvor. Auf dem Nachbargrundstück müht sich ein vollbärtiger Mitfuffziger in Unterhemd und Badelatschen, eine Baumwurzel aus seinem Rasen auszugraben - ihn spreche ich auf den Granada an. Er erzählt mir, dass der Granni dem alten Herrn aus dem Nachbarhaus gehöre - verwitwet und wohl ziemlich krank. Ob er ihn verkaufe? Nun, dass sei wohl sein letztes Auto, und er liebe diesen Wagen über alles, er sei schliesslich der Erstbesitzer. Aber probieren könne ich es ja, denn er fahre den Wagen, wenn überhaupt, nur noch samstags.
Etwas zögerlich klingele ich an des Granni-Onkels Haustüre. Einerseits brennt meine Neugierde, andererseits will ich nicht aufdringlich sein - irgendwie komme ich mir auch grad ein wenig wie ein Erbschleicher vor. Als niemand öffnet, bin ich zwar etwas erleichtert, nehme mir aber vor, an der Sache dranzubleiben. Man weiss ja nie.
So, und hier ist nun der Gute:
Vielleicht meldet sich der gute Mann ja mal, vielleicht passiert aber auch garnichts. Aber ich brauche die Gewissheit, es wenigstens versucht zu haben. Scheisse, ich bin gegen Altfords einfach nicht immun. :rolleyes: